Bier aus Brot für die Welt

Heineken, Paul Polman und die National Geographic Society investieren gemeinsam in eine Brauerei: Toast Ale will zum Musterbetrieb der Recykling-Economy werden.

14.12.2022
image
Auch die Gewinne werden nicht konsumiert: Circular-Economy-Bier «Toast Ale»  |  PD
Dass das Bier in der «Circular Economy» eine wichtige Rolle spielt – zumindest im Nahrungsmittel-Bereich –, dies ist bekannt. Auch in der Schweiz laufen mehrere Projekte, bei denen Bierabfälle wiederverwertet werden sollen, etwa für Snacks oder Fleischersatz (mehr, mehr, mehr).
Einen viel deutlicheren Anspruch hat die Brauerei Toast Ale in London: Sie braut Bier aus altem Brot beziehungsweise Brotabfällen. Und will damit noch mehr Gutes tun.
Dafür hat sie nun sehr prominente Investoren gewonnen – erstens die National Geographic Society, zweitens den Bier-Riesen Heineken, drittens Paul Polman, ehemals Finanzchef von Nestlé und CEO von Unilever (2009–2018).

Mehrere Kreisläufe

Diese Investoren schiessen nicht nur 2 Millionen Pfund und Knowhow ein, sondern sie verzichten auch auf Dividenden: Denn sobald die Brauerei Gewinne macht und Geld ausschütten kann, spendet sie es für Charities. Obendrein verpflichten sich die Aktionäre, auch allfällige Gewinne bei einem Verkauf ihrer Anteile für gute Zwecke zu geben.
Insofern finden sich bei Toast Ale sogar zwei oder drei «Circular Economy»-Kreisläufe.
Brot statt Gerste: Dies der Kern im Geschäftsmodell der 2016 gestarteten Brauerei. Laut Schätzungen des Managements hat das Modell damit nicht nur den Londoner Bäckereien geholfen, ihren Food Waste zu senken – sondern es trug insgesamt dazu bei, bislang 49 Tonnen CO2 und 300'000 Liter Wasser einzusparen.

Trendsetter im Thurgau

Die Idee soll auch hierzulande übernommen werden: Das Unternehmen veröffentlicht sein Rezept zur Verwandlung von Brot in Bier – quasi Open-Source – und arbeitet mit diversen Brauereien von Kapstadt bis New York zusammen, um das Modell global zu streuen.
Die Schweiz war übrigens sehr früh bei der Entwicklung eines Brot-Bieres: Im Jahr 2017, nur wenige Monate nach Toast Ale in London, gründeten vier Unternehmer in Weinfelden die Damn Good Food & Beverages AG, um aus Altbrot Bier zu brauen. Der Markenname: «Damn Good Bread Beer».

Strategischer Berater Heineken

Auch hier wird im Brauprozess ein Drittel des Malzes durch Brotbrösmeli ersetzt, angeliefert durch Bäckereien aus der ganzen Schweiz. Pro 100 Liter Bier können acht Kilogramm unverkauftes Brot eingesetzt und gerettet werden.
Die National Geographic Society unterstützte das Londoner Toast Ale bereits bei einer Finanzierungsrunde im Jahr 2018. Heineken, der neue Partner, ist nun als strategischer Berater dabei: Der Konzern wird insbesondere die Forschung und Entwicklung von Toast Ale unterstützen.
Umgekehrt erhofft sich der Bier-Riese hier Inspiration für die eigenen Abläufe: Es sei Heinekens Ehrgeiz, seine Produkte ebenfalls so zirkulär wie möglich zu machen, sagt Magne Setnes, Chief Supply Chain Officer beim niederländischen Konzern: «Mit anderen Worten, wir wollen von Take-Make-Waste zu Reduce-Reuse-Recycle».
  • food
  • industrie
  • getränke
  • alkohol
  • esg
Artikel teilen

Loading

Comment

Home Delivery
1 x pro Woche. Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Auch interessant

image

Migros Aare: Keine Seniorenrabatte mehr im Supermarkt

Das Angebot der Genossenschaft im Raum Bern, Aargau und Solothurn war ohnehin eine Ausnahme im Migros-Universum.

image

Denner: +1.1 Prozent. Fenaco: +1.2 Prozent.

Die ersten Signale aus der Lohnrunde im Detailhandel stellen klar: Es reicht bestenfalls für den Teuerungsausgleich. Und auch das nur knapp.

image

Unilever streicht deutlich weniger Jobs als befürchtet

Im Sommer plante der Konsumgüter-Gigant noch den Abbau von 3'200 Stellen. Nun dürften noch halb so viele Jobs betroffen sein.

image

Das Pflanzen-Steak darf Steak genannt werden

Und Veggie-Wurst ist Wurst: Das oberste Gericht der Europäischen Union wandte sich gegen die Fleisch- und Milch-Lobby. Ein Entscheid, der auch fürs Marketing in der Schweiz bedeutsam ist.

image

Cedric El-Idrissi: Von Coca-Cola zu Kägi

Der ehemalige Spitzensportler aus dem Seeland übernimmt die Leitung des Waffel- und Biscuit-Spezialisten aus dem Toggenburg.

image

Nespresso kann man auch aufs Brot streichen

In den USA bringt der Kaffeekapsel-Hersteller jetzt Honig und Sirup auf den Markt: Imagebildung durch Markenerweiterung.