Eine aktuelle
Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW im Auftrag des Schweizer Tierschutzes (STS) bestätigt ältere Analysen: Die Marktmacht der zwei grossen Schweizer Detailhändler Coop und Migros ist verantwortlich für die Stagnation beim Absatz von Labelfleisch.
Denn einerseits mangle es an Wettbewerb zwischen den Einzelhändlern, andererseits seien die Preisunterschiede zwischen konventionellen und Label-Produkten zu gross. Deshalb verharre der Anteil an tierfreundlich hergestelltem Fleisch bei rund 12 Prozent. Zwischen 2020 und 2021 ist er sogar leicht gesunken – obwohl in der Schweiz mehr geschlachtet wurde.
«Labelmüdigkeit» bei Detaillisten
Diese Entwicklung könne nicht in erster Linie den Konsumentinnen und Konsumenten angelastet werden. Viel eher mache sich in der Branche und im Detailhandel eine gewisse «Labelmüdigkeit» breit, so die Studie.
Schweinefleisch in Bio-Qualität koste «zum Teil mehr als das Doppelte eines entsprechenden konventionellen Produktes». Unter solchen Marktbedingungen hätten Konsumentinnen und Konsumenten keinen Anreiz, mehr Label- und Biofleisch zu kaufen, so die Studienautoren.
Handel schöpft mehr ab
Die Hauptkritik richtet sich an den Handel – und dabei insbesondere an das Quasi-Duopol von Coop und Migros: Die Landwirte erhalten von diesen für Label- und Bioprodukte nicht genug, um die zusätzlichen Kosten zu rechtfertigen. Gleichzeitig sind die Preisunterschiede im Detailhandel für die meisten Konsumenten prohibitiv hoch.
Beispiel «Hackfleisch». Quelle und Grafik: Studie FHNW/STS
Die Wertschöpfung in der Herstellung von Schweizer Fleisch verschiebt sich stark – je nachdem ob dieses konventionell oder in Label- beziehungsweise Bio-Qualität produziert wird. So blieben bei Bio-Fleisch rund die Hälfte und bei Rind-Hackfleisch mit «Tierfreundlich-Label» 40 Prozent der Wertschöpfung beim Handel. Bei Fleisch mit tiefen Standards sind es lediglich 20 Prozent.
Dabei spielt es keine grosse Rolle, ob es sich beim Detailhändler um einen Discounter handelt oder nicht: Tierhalter erhalten nur wenig mehr, wenn sie ihr Label-Fleisch über Discounter verkaufen, wie die Studie zeigt.
Anteil eines von Konsumenten ausgegebenen Frankens (in %), der an die Halter geht (ungefähre Durchschnittswerte) | Grafik: Studie FHNW/STS
Der Bund ist gefragt
Die Autoren erklären sich die im Vergleich zu den Konsumentenpreisen relativ geringen Produzentenpreise mit der Marktmacht auf der Nachfrageseite. «Viele kleine Anbieter (die einzelnen Tierhalterinnen und -halter) treffen dort auf wenige grosse Nachfrager (vor allem Grossverteiler).»
Unter solchen Bedingungen würde der Produzentenpreis tendenziell nach unten gedrückt, da die Nachfrager den Preis bestimmen können.
Dazu liefert die Studie dem Schweizer Tierschutz eine politische Handlungsanweisung: «Es ist somit offensichtlich, dass die Märkte für Bio- und Labelfleisch unterreguliert sind und die Marktkräfte nicht ausreichen, um den Tieren ein artgerechtes Leben zu ermöglichen. Es besteht dringender Handlungsbedarf beim Bund.»