Studie: Soziale Kontrolle fördert Fleischverzicht nicht

Eine deutsche Untersuchung zeigt auf, dass öffentlicher Druck Konsumenten eher davon abhalten könnte, weniger Fleisch zu konsumieren.

24.07.2023
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Bild von: on Unsplash
Information hilft, öffentlicher Druck nicht, wenn es darum geht, Menschen vom Fleisch weg zu vegetarischen oder veganen Produkten zu locken. Das zeigt die Studie der Universität Giessen (D) mit dem Titel «Soziale Kontrolle führt nicht zu Fleischverzicht – im Gegenteil».
Demnach lassen sich Konsumenten gerne über die Auswirkungen – etwa beim CO2-Ausstoss von fleischlichen Produkten – informieren. Worauf sie eher zu Fleischersatz greifen: Insbesondere Frauen lassen sich von den Argumenten zu einer Verhaltensänderung überzeugen, Männer im geringerem Ausmass.
In der Untersuchung konnten Studierende wählen, welche Art von Sandwich sie – als vermeintliches Dankeschön für eine erledigte Aufgabe – geschenkt bekommen wollen: mit Fleisch, vegetarisch oder vegan. Vier repräsentativ gebildete Gruppen hatten unterschiedliche Rahmenbedingungen: Sie wurden jeweils an die Umweltbilanz von Fleisch erinnert – oder nicht. Und es wurde ihnen angekündigt, «dass ihre Entscheidung öffentlich gemacht wird – oder nicht».
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Über Klimafolgen informieren bringt Fleischverzicht (Säule 2) – aber nicht, wenn die Entscheidung öffentlich gemacht wird (Säule 4) | Diagramm: Uni Kassel
Unter den 537 Befragten liessen sich viele von den Informationen zur Klimaschädlichkeit von Fleisch gegenüber den veganen oder vegetarischen Alternativen überzeugen – solange ihr Entscheid geheim blieb. Statt jeder Dritte wählte dann nur jeder Vierte Fleisch aus.
Wussten sie aber, dass ihre Wahl öffentlich gemacht würde, so blieben mit über 30 Prozent eindeutig mehr Befragte beim Gutschein für das Sandwich mit Fleisch. Menschen würden also nicht – «wie man annehmen könnten» – auf Fleisch verzichten, wenn ihre Mitmenschen von der Wahl der Mahlzeit erfahren – im Gegenteil. Die Forscherinnen erklären sich das folgendermassen:
  1. Erstens könnte die Besorgnis, «zur Schau gestelltes moralisches Verhalten könnte als aufgesetzt empfunden werden», ein Grund sein.
  2. Zweitens die Furcht, «moralisches Verhalten könnte bei den anderen auf Ablehnung stossen, weil sie sich ertappt fühlen und ihr eigenes Verhalten hinterfragen müssten».
  3. Drittens sei es möglich, «dass die Aussicht auf eine soziale Kontrolle bei vielen Teilnehmern grundsätzlich ein gewisses Rebellentum provoziere».
Mit anderen Worten: Öffentliches «Nuding» – wie das «Anschubsen» zum korrekten Verhalten genannt wird – für den Fleischverzicht ist sinnlos, weil niemand wie ein Streber dastehen will und allenfalls sogar ein Widerstandsreflex gegen den sozialen Druck ausgelöst wird.
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