Schöne Einkaufsgeschäfte sind so vielseitig wie die Ware, die sie verkaufen. Das ist ein Fazit, die aus den
15. EuroShop RetailDesign Awards gezogen werden kann. Die Auszeichnungen gingen an Konzepte, die diverser nicht sein könnten: Vom modernen Digitalhub über einen Marktplatz in historischen Hallen bis zum verschwenderisch ausgestatteten Modetempel.
Vergeben werden die internationalen Preise jährlich vom EHI Retail Institute, dem Forschungs- und Bildungsinstitut für den deutschen Handel in Köln.
Kategorie «Digital»: Coolblue, Düsseldorf
Coolblue Store in Düsseldorf | Bild: PD Coolblue | Retail Design: Desarc.
Das Beispiel zeigt: Auch Online-Elektronikhändler können stationär auftrumpfen, wenn sie sich Mühe geben. Der niederländische Händler Coolblue ist seit 2021 in Deutschland aktiv und besitzt dort zwei Filialen. Die erste und grössere steht in Düsseldorf und hebt sich komplett vom üblichen Elektrofachgeschäft ab, wie man es landauf, landab antrifft.
Coolblue verfolgt seine Omnichannel-Strategie, bei der digitale und stationäre Verkaufskanäle miteinander verzahnt werden, ohne visuelle Kompromisse einzugehen. Kunden können etwa ihren Fernsehbildschirm virtuell in ihrer Wohnung platzieren, um die optimale Grösse ihres neuen Geräts zu bestimmen. Wetten, dass sich dabei mancher von ihnen gerne eine Scheibe vom Chic-Faktor der Coolblue-Filiale für seine Wohnung abschneiden würde?
Kategorie «Food»: Interspar am Schottentor, Wien
Interspar-Filiale am Wiener Schottentor | Bild: PD Interspar / @Zumtobel | Retail Design: KBIA Kulmus Bügelmayer
Lebensmittelläden weisen üblicherweise Dimensionen auf, die sich an der Höhe und Breite der Regale bemessen. Am Wiener Schottentor betreibt Spar eine seiner XL-Filialen dagegen in einem Gebäude, das nicht nur wie der Hauptsitz einer Bank aussieht, sondern es einst auch war: die ehemalige Zentrale des Wiener Bankvereins im «Haus am Schottentor» mit einer Raumhöhe von 14 Metern.
Das Prachtspalais ist denkmalgeschützt, grosse Eingriffe musste Spar deshalb unterlassen. So überstrahlt der Verkaufsraum die Tomaten und Pouletschenkel im Angebot auf mondäne Weise. Die Kunden kommen sich vor wie bei einem Bummel durch eine Markthalle der Belle Epoque. Gediegener die Einkaufsliste abarbeiten als hier geht nicht.
Kategorie «Sustainability»: Adidas Terrex Flagship-Store, München
Adidas Terrex Store München | Bild: PD Adidas
Adidas Terrex heisst das Outdoor-Format des Sportartikelherstellers aus Franken. Im 2021 eröffneten Flagship-Store in München sind Baumwipfel an der Decke zu sehen: Sie geben die Richtung an, in die der Sportkunde strebt: nach oben, an die frische Luft, an die Spitze. Nachhaltige Wirkung entfaltet auch die Einrichtung der Filiale aus natürlichen, ressourceschonenden und rezyklierbaren Materialien.
Zur optischen Naturnähe kommen digitale In-Store-Innovationen und regelmässige Veranstaltungen, zum Beispiel Workshops mit Profiathleten oder Events für Mitglieder des Adidas-Kundenprogramms «Creators Club».
Kategorie «Hospitality»: Casa Portuguesa do Pastel de Bacalhau, Vila Nova de Gaia
Casa Portuguesa do Pastel de Bacalhau | Bild: PD CPPB Gaia | Retail Design: Grupo O Valor do Tempo
Ist es Zufall, dass die Designagentur der Casa Portugesa do Pastel de Bacalhau den Namen «Der Wert der Zeit» trägt? Jedenfalls hat sie mit dem Umbau eines historischen Lagerhauses in Vila Nova de Gaia südlich von Porto genau diesen Wert dokumentiert. An wenigen anderen Orten transportieren Räumlichkeiten die Geschichte der gastronomischen Kultur eines Landes so gut wie hier.
«Pastel de Bacalhau» ist übrigens eine traditionelle Spezialität: eine Art Teigkugel mit Stockfisch oder Kabeljau. Diese kulinarische Tradition wird in der Casa zudem mit stündlichen Orgelkonzerten und dem Glanz eines 320 Kilogramm schweren Kronleuchters gewürdigt.
Kategorie «Fashion & Lifestyle»: Tessuti Liverpool One, Liverpool
Tessuti Flagship Store | Bild: PD FrenchTye | Retail Design: Counterfeit Studio
Die britische Tessuti-Kette verkauft nichts Aussergewöhnliches, sondern Designermode, wie man sie vielerorts findet. Im Liverpooler Flagship-Store wird sie allerdings in einem regionalen Rahmen präsentiert: als Teil der historischen Ingenieurskultur der Hafenstadt.
Das Interieur lehnt sich optisch an das Innere eines Ozeandampfers an, dem ein Touch Futurismo der italienischen Zwischenkriegszeit verpasst wurde. Gegen oben ist nur der Himmel zu erkennen. Italienisches Flair vermitteln Materialien wie Terrazzo, Messing und Marmor.
Natürlich fehlen auch digitale Elemente nicht. So befindet sich ein Bildschirm im XL-Format in der Mitte des mehrstöckigen Mode-Warenhauses.