Russland ist ein Eldorado für Konsum- und FMCG-Firmen

Ausgerechnet ein Schweizer Konzern zählt zu den umsatzstärksten westlichen Anbietern in Putins Reich.

12.07.2023
image
Die 20 umsatzstärksten westlichen Konzerne in Russland, 2022   |  Quelle/Grafik: B4Ukraine, Kiew School of Economics.
Konsumgüter, Lebensmittel, Detailhandel: Westliche Unternehmen aus diesen Branchen scheinen am meisten zu profitieren vom Business mit Russland.
Konkret waren es Hersteller von Alkohol und Tabak (beziehungsweise Konzerne wie Japan Tobacco, Philip Morris und BAT), welche in Putins Reich letztes Jahr die höchsten Umsätze erzielten; der Gesamtwert lag bei umgerechnet 24 Milliarden Dollar.
Auf Rang zwei folgte der Detailhandel mit Firmen wie Leroy Merlin, Auchan und Metro (21 Milliarden Dollar).
Auf Rang drei kam die Automobil-Branche (mitsamt Zulieferern, 20 Milliarden Dollar), und auf Rang vier folgten dann Nahrungsmittel und Getränke mit Herstellern wie Danone, Mondelez und Mars (18 Milliarden Dollar).
Dies besagt eine neue Studie, welche das NGO-Netzwerk B4Ukraine gemeinsam mit der Kyiv School of Economics erarbeitet hat.
Wer trotz dem verbreiteten Boykott weiter geschäftet in Putins Reich, der profitiert: Dies hatten wir kürzlich schon beschrieben – damals auf der Basis von «Bloomberg»-Daten. Die neue Studie bestätigt es: Fast alle grossen verbleibenden Anbieter im Russland-Geschäft konnten ihre Umsätze letztes Jahr deutlich steigern.
image
Umsatzentwicklung von Auslandsfirmen in Russland, Vergleich 2022 zu 2021.   |  Quelle/Grafik: B4Ukraine
Das Ziel von B4Ukraine ist dabei klar: Die erwähnten (beziehungsweise angeprangerten) Konzerne sollen nicht länger in Russland aktiv sein. «Mittlerweile dürfte es sonnenklar sein», so der Text: «Alle westlichen Unternehmen, die den russischen Markt seit Beginn der umfassenden Invasion der Ukraine vor 16 Monaten nicht verlassen haben, sind an den Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit des Putin-Regimes beteiligt. Das einzig verantwortungsvolle Vorgehen besteht darin, den russischen Markt zu verlassen.»

Steuern für Kreml-Kasse

Die noch aktiven Konzerne wiederum berufen sich darauf, dass sie zur Grundversorgung der normalen russischen Bevölkerung beitragen – und das sei nichts Falsches. Das Problem liegt allerdings darin, dass sie damit auch ein Steueraufkommen für Putins Kriegskasse liefern. Laut den nun veröffentlichten Daten bezahlten ausländische Konzerne letztes Jahr insgesamt 3,5  Milliarden Dollar an Gewinnsteuern.
image
Die Branchen mit dem grössten Umsatz durch westliche Konzerne in Russland 2022 (links). Die drei grössten westlichen FMCG-Anbieter in Russland (rechts). Nach Umsätzen. |  Quelle: KSE Institute
Während Danone (3 Milliarden Dollar Umsatz in Russland 2022), PepsiCo (4,7 Milliarden Dollar), Procter & Gamble (2,3 Milliarden Dollar) und Unilever (1,2 Milliarden Dollar) in der Studie explizit erwähnt werden, taucht Nestlé nicht auf.
Allerdings weist der Schweizer Konzern sein Russland-Geschäft in den Quartals- und Jahresberichten auch nicht explizit aus.
Nestlé hatte bei Kriegsausbruch im Februar 2022 noch gezögert mit dem Ausstieg aus Russland; der Konzern reduzierte dann im März 2022 das Russlandgeschäft auf einige wesentliche Produkte wie Grundnahrungsmittel und medizinische Tiernahrung – und machte deshalb einen Abschreiber von 70 Millionen Franken.
Dennoch: Gemessen am Steueraufkommen von westlichen Konzernen für den Kreml liegt die Schweiz mit 275 Millionen Dollar auf Rang drei – nach den USA (712 Millionen) und Deutschland (402 Millionen). Eine wichtiger Basis dafür bildet Japan Tobacco: Die Firma mit Steuersitz in Genf zählt mit 7,3 Milliarden Dollar Umsatz zu den wichtigsten westlichen Playern in Russland.
  • food
  • non-food
  • industrie
  • handel
  • esg
Artikel teilen

Loading

Comment

Home Delivery
1 x pro Woche. Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Auch interessant

image

Denner: +1.1 Prozent. Fenaco: +1.2 Prozent.

Die ersten Signale aus der Lohnrunde im Detailhandel stellen klar: Es reicht bestenfalls für den Teuerungsausgleich. Und auch das nur knapp.

image

Unilever streicht deutlich weniger Jobs als befürchtet

Im Sommer plante der Konsumgüter-Gigant noch den Abbau von 3'200 Stellen. Nun dürften noch halb so viele Jobs betroffen sein.

image

Was ist der direkteste Weg zur Würfelbouillon?

Eine britische App führt die Kunden durch den Supermarkt – entlang dem Einkaufszettel. Auf Wunsch auch nach dem Prinzip Kochbox.

image

Temu und Shein: 13 Verbände fordern den Bundesrat zum Handeln auf

Dabei soll die Regierung möglichst noch vor dem Weihnachtsgeschäft ein deutliches Signal aussenden.

image

Das Pflanzen-Steak darf Steak genannt werden

Und Veggie-Wurst ist Wurst: Das oberste Gericht der Europäischen Union wandte sich gegen die Fleisch- und Milch-Lobby. Ein Entscheid, der auch fürs Marketing in der Schweiz bedeutsam ist.

image

Parkplätze vor dem Laden? Lieber nicht!

Neue Daten zur ewigen Parkplatz-Debatte: In Shopping-Zonen könnten parkierte Autos den Einkaufsbummel eher verderben.