Mieten statt kaufen: Ein zweiter Frühling für das ewige Nebengeschäft
Die Migros und andere Handels-Konzerne bauen das Geschäft mit der Vermietung aus. Was ist das nun: Nachhaltigkeits-PR? Krisen-Hilfe? Oder vielleicht doch der Mega-Trend?
6.10.2022Ski- und Snowboard-Ausrüstung: Einst war Kauf die Norm, heute ist Miete selbstverständlich | Bild von: Laura Corredor on Unsplash40'000 Teilnehmer, 1'000 Abnehmer
- Der aktuelle Hintergrund: Die Migros wird zur grossen Vermieterin. Unter einer neuen Marke steigt die Migros breitflächig ins Vermietungs-Business ein.
Erste Konzerne im Geschäft
- Migros: Die Migros lanciert mit MCircle ein herkömmliches Mietmodell für typische Objekte wie Garten-, Heimwerker- und Elektronikgeräte (mehr dazu hier).
- Decathlon: Die belgische Länderdivision des Sportartikelhändlers Decathlon bietet seit neuestem ein grosses Sortiment an Sport- und Freizeitausrüstungen im Abo-System an (mehr dazu hier).
- Selfridges: Grossbritanniens edle Warenhauskette, die zum Signa-Centralgroup-Konzern gehört, setzt mit dem neuen Konzept «Project Earth» unter anderem massiv auf das Vermieten und Tauschen von Sortimentsartikeln (mehr dazu hier).
- Kiabi: Der französische Modediscounter (Umsatz: 2 Milliarden Euro) betreibt seit neuestem wie Decathlon in Belgien ein Miet-Abo-System. Ab 19 Euro pro Monat können in 500 Boutiquen 5 Kleidungsstücke für eine unbegrenzte Zeit ausgeliehen werden, wie das «Fashion Network» es beschreibt.
- Es wächst in den Köpfen: Die jüngeren Generationen sind daran gewohnt – Stichworte: Car-Sharing, Streaming, SaaS (Software as a service). Im Gegensatz zu den Babyboomern wollen sie nicht mehr unbedingt besitzen (Autos, CDs, DVDs, Elektro-Trottis). Wenn es sich rechnet und einfach zu handhaben ist, begnügen sie sich gerne mit Mieten, Abonnieren oder Ausleihen.
- Es ist nachhaltig: Das Argument der nachhaltigeren Nutzung von Objekten sticht immer mehr. Das machen sich auch die Unternehmen in ihrer Argumentation zu Nutze. Insofern bieten Miet-Angebote immer auch guten PR-Stoff.
- Es verspricht Flexibilität: Heutige Lebensentwürfe sind durch flexible Arbeitszeiten und Arbeitsorte, mobile Arbeit, häufigere Wohnortswechsel und Last-minute-Entscheidungen für Freizeit und Ferien geprägt. Variable Miet- und Abonnementsformate (auch im kommerziellen Bereich) entsprechen diesem neuen Lifestyle, besonders in Verbindung mit digitalen Lösungen und Lieferservices.
- Produkte sind (zu) billig: Die Konsumenten sind es sich aus den letzten Jahrzehnten gewohnt, für wenig Geld viel zu bekommen (und zu behalten). Warum einen Bohrer für 20 Franken ausleihen, wenn es einen eigenen schon als Schnäppchen für 88 Franken gibt?
- Hin und her: Es entsteht – selbst bei Homedelivery – immer eine gewisse Zusatzbelastung bei Logistik und Organisation; und zwar für beide Seiten. Die Geräte müssen transportiert und abgerechnet werden, auch die Kunden benötigt eine gewisse Zeit dafür. Das ist bei Eigenbesitz weniger der Fall. Selbst Abonnements benötigen einen gewissen administrativen Aufwand für den Konsumenten.
- Kein Geschäft: Es ist noch nicht wirklich klar, ob Vermieten ein Geschäft für Unternehmen sein kann. Beziehungsweise eines, das einen ähnlich hohen Gewinn wie der Verkauf garantiert – der sich zudem einfacher und schneller kalkulieren lässt. Es stellt sich die Frage: Lassen sich Verleih- und Abomodelle skalieren, ohne dass Kosten für Infrastruktur, Logistik und andere Fixkosten in die Höhe schnellen?
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