Die Preis-Lohn-Spirale anhand der Schokoladeindustrie
Barry Callebaut erhöht die Gehälter, Boni und Pensionsbeiträge in seiner Fabrik in England um 10 Prozent.
11.08.2022Gefragt: Mitarbeiter in der Schokoladeproduktion bei Barry Callebaut | Bild: PD Barry CallebautDie Angestellten der Barry-Callebaut-Fabrik in Banbury erhalten eine runde Lohnerhöhung: Rund 200 Produktions- und Technikangestellte bekommen ab nächstem Jahr 10 Prozent mehr Lohn. Dies teilt Unite mit, die grösste Einzelgewerkschaft auf den britischen Inseln.
Wobei die Arbeitnehmer-Organisation erwähnt, dass der Deal zustandegekommen sei, ohne dass man Druckversuche – «industrial action» — benötigt habe.
Im Werk in Oxfordshire produziert Barry Callebaut Schokolade- und Kakaoprodukte für viele andere Unternehmen, darunter Nestlé, Mars und Cadbury.
Erhöhung = Teuerung plus 0,6 Prozent
Mit dem neuen Vertrag steigen in Banbury sowohl die Löhne als auch die Boni und die Pensionsbeiträge um 10 Prozent. «Wenn es sich die Arbeitgeber leisten können, eine anständige Lohnerhöhung zu ermöglichen, dann wollen wir entschlossen sicherstellen, dass das auch geschieht», kommentiert United-Generalsekretärin Sharon Graham das Resultat.
Allerdings ist der eigentliche Zuwachs gering: Das Plus entspricht ziemlich genau der Teuerung. Im Juni erreichte die Inflation in Grossbritannien mit 9,4 Prozent den höchsten Stand seit 40 Jahren.
Schon Mitte Juli konnte Unite einen ähnlichen Deal mit Cadbury vermelden: Dabei wurde eine Lohnsteigerung von 17,5 Prozent in zwei Jahren vereinbart – plus ein um 25 Prozent höherer Ferienanspruch. Rund 1'000 Beschäftigte in fünf Cadbury-Fabriken werden davon profitieren.
Personalnot und gute Geschäfte
Die beiden Fälle deuten an, wie eine Lohn-Preis-Spirale einsetzen kann: Da die britische Lebensmittel-Industrie ebenfalls immer wieder unter Personalnot leidet, können die Arbeitnehmer die steigenden Lebenshaltungskosten bei den Lohnverhandlungen einfordern (und dabei sogar, wie bei Cadbury, die entsprechenden Erwartungen für 2023 berücksichtigen).
Andererseits sind die Unternehmen der Schokoladeindustrie offenbar immer noch in der Lage, den Preisdruck ihrerseits weiterzugeben: Sowohl Barry Callebaut als auch Cadbury-Mutterkonzern Mondelez vermeldeten in den letzten Quartalsergebnissen ein solides Absatzwachstum – ein Wachstum auch, das über den Teuerungsraten lag.
Zum neuen Lohn-Vertrag in Grossbritannien kommentierte Mondelez: «Diese Vereinbarung stellt ein verbessertes Gesamtpaket dar, das nicht nur den Grundlohn betrifft, sondern auch andere Elemente, die es uns ermöglichen, die wichtigen Beiträge unserer Kollegen anzuerkennen und zugleich mit unseren Werken wettbewerbsfähig zu bleiben».
Es geht auch um andere Food-Hersteller
Unite wiederum stellte klar, dass sie das Ergebnis auf die ganze Food-Branche ausweiten will: «Unite hat diesen Deal mit Cadbury über drei Monate ausgehandelt und er setzt den Standard für den Rest des Nahrungsmittel-Herstellungs-Sektors, dem es sehr gut geht», sagte der für Food& Drink zuständige Unite-Sekretär Joe Clarke.
Und weiter: «Unite wird in den kommenden Monaten mit anderen Lebensmittelherstellern verhandeln, und wir werden dafür sorgen, dass unsere Mitglieder dort ebenfalls Lohnerhöhungen erhalten, welche die steigenden Lebenshaltungskosten und die hohen Gewinne ihrer Arbeitgeber berücksichtigen.»
Artikel teilen
Loading
Comment
Home Delivery
Auch interessant
Waterdrop: Ricola steigt bei Drinks-Startup ein
Der Schweizer Kräuterbonbon-Spezialist und der österreichische Brausewürfel-Hersteller teilen gemeinsame Werte – und USA-Pläne.
Hero greift in Grossbritannien zu
Die Lenzburger übernehmen Delicously Ella – und wollen der jungen britischen Marke ins globale Geschäft verhelfen.
Die Firma Zweifel emanzipiert sich von der Kartoffel
Aus «Zweifel Pomy-Chips» wird «Zweifel Chips & Snacks AG». Denn Zweifel ist auch süss und für vielfältige Snacks zu haben.
Aldi Suisse: Back to the Kerngeschäft
Der Discounter strafft sein Angebot an Non-Food-Produkten beziehungsweise –Aktionen.
Orior: Sacha D. Gerber wird Finanzchef
Der ehemalige Emmi- und Calida-CFO löst im Januar Andreas Lindner ab.
Migros Bio: Wo die Knospe drauf ist, ist Schweiz drin
Ausländische Bio-Angebote werden nicht mehr mit dem bekannten Knospen-Signet ausgezeichnet.