Die Zürcher Taschenschneiderei Freitag kennt das Konzept Kreislaufwirtschaft seit ihren Anfängen vor 30 Jahren: Bestehendes wird in Neues umgewandelt.
Genauso hat das Unternehmen ihren neuen Standort in der chinesischen Wirtschaftsmetropole Schanghai gebaut: Freitag hat im zentral gelegenen Quartier Xian Suo eine Textilfabrik aus den 1980er-Jahren entkernt und unter «schonendem Umgang mit Materialien und Ressourcen» in eine Art Zwilling ihres Herstellungsbetriebs in Zürich-Oerlikon umgewandelt.
Das Material des vorgängigen Baus wurde – wo immer möglich – erhalten oder wiederverwendet,
schreibt der Taschenhersteller. Wenn neue Materialien unumgänglich waren, wurden diese aus einem Umkreis von rund 100 Kilometern bezogen.
Kreiert worden sei «ein lebenswerter Raum», dessen begrünte Dachterrasse öffentlich zugänglich ist und «gemeinsam mit der Nachbarschaft belebt» wird, so das Unternehmen. Oder anders beschrieben: ein «rücksichtsvoller, hybrider Ort zwischen Nachbarschaft und Retail».
Eine ehemalige Textilfabrik wird transparent | Bild: PD Freitag / Gao Hanzhi-Studiofang
Grössere Fenster, Durchbrüche und ein weites Dachfenster sollen Licht und Transparenz in das mehrstöckige Gebäude bringen.
An der Workstation kann der Kunde seine Tasche kreieren | Bild: PD Freitag / Gao Hanzhi-Studiofang
Im «Workshop-Space» hat Freitag exklusiv für Shanghai ein «analoges Erlebnis des digitalen Customization-Tools F-Cut» entwickelt. Hier kann der Kunde mit einer Industriefernbedienung die Schnittmuster eines Taschenmodells in Originalgrösse auf einer Planenprojektion platzieren und sich so seine eigene Tasche aus gebrauchten Lastwagen-Planen designen.
Die Werkstatt | Bild: PD Freitag / Gao Hanzhi-Studiofang
Im Parterre befindet sich eine Reparaturwerkstatt, in welcher «die Überzeugung von Langlebigkeit unmissverständlich kommuniziert» werden soll. Konkret werden Taschen aus ganz China von der speziell ausgebildeten Mitarbeiterin Rainie Wu instand gesetzt.
Lager und Laden sind per Schienenlift verbunden | Bild: PD Freitag / Gao Hanzhi-Studiofang
Im ersten und zweiten Stock ist das gesamte Freitag-Sortiment ausgestellt – mit rund 900 Taschen und 750 Accessoires. Die Sitzmöbel wurden in Zusammenarbeit mit Leandro Destefani entwickelt und bestehen aus aufeinandergestapelten LKW-Planen. Die bis 14 Meter langen Planenseiten wurden nicht zerschnitten, sondern in einem Stück gefaltet, und werden mit Spanngurten zusammengehalten.
Ladeninterieur im Industrial Look | Bild: PD Freitag / Gao Hanzhi-Studiofang
Das Warenlager erstreckt sich entlang einer über drei Etagen freistehenden Wand und wird nicht versteckt. Vielmehr soll sie an den Industrielook der Fabrik in Zürich erinnern und die Warenflüsse offenlegen.
Das Warenlager | Bild: PD Freitag / Gao Hanzhi-Studiofang
Beim Umbau wurden unversehrte Backsteine für die Reparatur bestehender oder den Wiederaufbau neuer Wände wiederverwendet.
Mauersteine, die wieder verwendet wurden | Bild: PD Freitag / Gao Hanzhi-Studiofang
Das Dach wurde gemeinsam mit dem Urban-Gardening-Kollektiv Forest City Studio bepflanzt und soll Biodiversität im Quartier fördern. Der lokal und saisonal bepflanzte sowie biologisch bewirtschaftete Garten stehe der Nachbarschaft offen «für Begegnungen, gemeinsame Aktivitäten und kollektive Weiterentwicklung».
Der für die Nachbarn zugängliche Dachgarten | Bild: PD Freitag / Gao Hanzhi-Studiofang