Wenn man in drei To-Go-Filialen des niederländischen Retail-Riesen Albert Heijn eine Tasse Kaffee wollte, stand man
seit April vor einer neuen Wahl: Man konnte bezahlen, was der Macchiato der der Flat White normalerweise kostete; oder man konnte einen «True Price» wählen.
Dieser «wahre Preis» enthielt noch diverse soziale und ökologische Zusatzkosten. Er entgalt beispielsweise CO2-Emissionen, Wasserverbrauch bei Knappheit und Rohstoffverbrauch und enthielt einen Zusatz für faire Arbeitsbedingungen. Albert Heijn leitete diesen Betrag dann an die Umweltschutz-Organisation Rainforest Alliance weiter.
«Bewusstsein geschärft»
Kurz: Was Penny derzeit in einer vielbeachteten Aktion in Deutschland testet, hat Albert Heijn unlängst vorgemacht. Unlängst zog der niederländische Konzern Bilanz und legte einen Bericht über die Reaktionen des Publikums.
Der Eindruck, der bei der Lektüre entsteht, ist eher ernüchternd: Meneer und Mevrouw Consument fanden den «true price» gelinde gesagt nicht so toll.
Das
Communiqué des Konzerns meldet ausweichend, das Experiment habe «dazu beigetragen, Bewusstsein der Kunden für die versteckten sozialen und ökologischen Kosten zu schärfen.» Und weiter: «Die Ergebnisse zeigen, dass ein Teil der Kunden bereit ist, den 'wahren Preis' zu zahlen, dies jedoch nicht immer an der Kasse tut.»
In Zahlen heisst das: Aus den drei Filialen in Groningen, Wageningen und Zaandam kamen innerhalb von drei Monaten 946,47 Euro für die Rainforest Alliance zusammen.
Allerdings bezahlten immerhin 15 Prozent der Kunden den «True Price» (der meist um etwa 10 bis 15 Cent höher lag als der Standardpreis). Andererseits gab es da eine Diskrepanz, denn bei Befragungen in den To-Go-Shops hatten 36 Prozent ausgesagt, dass sie den Zusatz berappen würden.
Auswahl beim «True Price»-Experiment | Bild: PD Albert Heijn.
Was nicht beobachtet wurde: Dass Kunden wegen der angebotenen Varianten ihre Wahl wechselten – inbesondere, dass jetzt mehr Leute statt Kuhmilch einen pflanzenbasierten Milchzusatz wählten, obwohl dieser einen tieferen «True Price» hatte.
Umgekehrt wurde allerdings ein Schuh draus: Wer plant-based Milch nahm, bezahlte auch häufiger den «True Price»: Bei diesen Kunden erreichte die Quote 31 Prozent.
Albert Heijn will seine Experimente mit «wahren Preisen» fortführen. Die Entwicklung kann
hier weiterverfolgt werden.
Auch Penny will Problembewusstsein durch «gerechte» Preise schaffen
Die deutsche Supermarktkette Penny stellt in einem Testlauf eine Woche lang den Kunden frei, für neun Produkte die Kosten für Umweltverschmutzung durch die Produktion einzubeziehen. Ein Beispiel: Wiener Würstchen kosten dann 6,01 Euro statt 3,19 Euro.
Der höhere Preis verrechnet die durch die Produktion verursachten Umwelt- und Gesundheitsschäden in Euro und Cent.
Penny will damit ein Zeichen setzen, sieht die Aktion aber auch als Werbung für die eigene Sache. «Wir sehen, dass viele unserer Kundinnen und Kunden unter den unverändert hohen Lebensmittelpreisen leiden», wird Penny-Manager Stefan Görgens in der FAZ zitiert. «Dennoch müssen wir uns der unbequemen Botschaft stellen, dass die Preise unserer Lebensmittel, die entlang der Lieferkette anfallen, die Umweltfolgekosten nicht widerspiegeln.»