Studie: Food-Lieferdienste sind nicht wirtschaftlich

Ein Bericht aus Deutschland zeigt, dass Delivery-Firmen kaum Geld verdienen und Kunden nur schwer an sich binden können.

8.02.2023
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Lieferantin von Gorillas: Die Firma wurde im Dezember vom Konkurrenten Getir geschluckt | Bild: PD Gorillas
«Quick Commerce» bedeutet: Konsument bestellt online Lebensmittel, Kurier liefert diese in 30 Minuten. Die Wegpauschale beträgt 2 bis 5 Euro. Die Einkäufe sind zwar nicht günstiger als im Supermarkt an der Strassenecke, aber auch nicht viel teurer.
Wer 1 und 1 zusammenrechnen kann, merkt: Geld mit Quick Commerce (QC) zu verdienen, ist nicht leicht.
Das bestätigt eine aktuelle Studie der Strategieberatungsfirma Oliver Wyman für Deutschland, die dieser Tage erschienen ist.

Bisher nicht wirtschaftlich

Die Wirtschaftlichkeit des Geschäftsmodells Lebensmittel-Schnelllieferanten sei weiterhin eine Herausforderung, so ein Fazit: «Bis heute hat kein Anbieter eine flächendeckende Wirtschaftlichkeit erreicht», hält der Wyman-Bericht fest.
Das QC-Unternehmen Flink habe immerhin für Ende 2023 schwarze Zahlen in Aussicht gestellt. Flink arbeitet mit Rewe zusammen, der Nummer 2 im deutschen Einzelhandel – also einem starken Partner.

Übernahme mit Hoffnung

Konkurrentin Gorillas wurde derweil im Dezember vom in der Türkei beheimateten Dienst Getir übernommen – zum Discountpreis, wie Kritiker damals befanden. Die Hoffnung: Dank Synergien doch noch auf einen grünen Zweig zu kommen.
Insgesamt, so die Studie, wird weniger als ein Prozent des Lebensmittelhandels in Deutschland über QC abgewickelt. Das ergebe einen Jahresumsatz der Branche von 500 bis 700 Millionen Euro pro Jahr.

Warum sich QC bisher nicht rechnet

Der Wyman-Report stellt fest:
  • Die QC-Unternehmen gehören zu den teureren Food-Händlern im Land. Auch wenn die Kunden mehrheitlich glauben, die Kosten lägen im Mittelfeld oder darunter. Das macht es schwierig, mehr Konsumenten anzuziehen.
  • Kundenbindung funktioniert nicht: Nur wenige haben einen bestimmten QC-Lieferanten «ihres Vertrauens». Denn dank den Apps der Dienstleister lässt sich vor jedem Einkauf rasch klären, wer am günstigsten ist. Und vor allem das zählt.
  • Wenig Lieferungen: Insgesamt wird die Zahl der QC-Kunden in Deutschland auf 800'000 bis 1 Million geschätzt. Die Hälfte von ihnen lassen sich lediglich zwei bis vier Mal pro Monat beliefern. Nur jeder zwölfte tut das mindestens fünf Mal monatlich.
  • Der durchschnittliche «Warenkorb» pro Lieferung hat einen Wert von gerade einmal 31 Euro. Kommentar: «Je geringer der Wert der Warenkörbe, desto stärker schlagen die Lieferkosten zu Buche.»
  • Als Pauschale für einen binnen 30 Minuten gelieferten Warenkorb im Wert von 20 Euro halten 41 Prozent einen Aufschlag von lediglich zwei Euro für gerechtfertigt. Weitere 34 Prozent akzeptieren Mehrkosten von bis zu fünf Euro.
  • Rentabel kann das Geschäft nur in Ballungsräumen mit kaufkräftiger Einwohnerschaft betrieben werden. In ländlichen Regionen fehle ein wirtschaftliches Konzept für Quick Commerce.
Dennoch enthält der Bericht auch eine Körnchen Optimismus: Erkannt werden «Wachstumschancen». Und: Mehr als drei Viertel der Befragten sehen Q-Commerce in Zukunft auch im Non-Food-Bereich als wichtigen Kanal.
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