Nach dem Abgang von Fabrice Zumbrunnen – die Baustellen der Migros
Druck auf die Preise, Druck der Discounter, Umbau der Industrie, Digitalisierung, Regionalfürsten: Wer beim MGB auf Fabrice Zumbrunnen folgt, benötigt ein dickes Fell.
25.10.2022Sucht Kapitänin oder Kapitän in stürmischer See — Ursula Nold, Präsidentin der Verwaltung MGB | Bild: PDDie Migros wird von einem recht frischen Team geleitet: In den letzten fünf Jahren – seit Amtsantritt von Fabrice Zumbrunnen als Präsident – wurde die gesamte Generaldirektion ausgetauscht.
Nun also erklärte Zumbrunnen, 52, seinen Rücktritt: Er will ab April 2023 beruflich «neue Wege» einschlagen. Migros-Präsidentin Ursula Nold kommentierte den Entscheid mit grossem Bedauern. Zumbrunnen habe «die Migros-Gruppe mit seinen ausgeprägten analytischen Fähigkeiten, seinem sehr fundierten Kontextwissen, aber auch mit seiner konsensorientierten Art weitergebracht», so ihre Stellungnahme.
Erst vor zwei Monaten hatte Zumbrunnens Nachfolgerin als oberste HR- und Kulturchefin, Sarah Kreienbühl, ihren Rücktritt auf Ende Jahr bekannt gegeben; auch das ein Schritt, der von aussen eher überraschend wirkte.
Harte Zeit für Nicht-Discounter
Kreienbühl – gleich alt wie Zumbrunnen – war Anfang 2018 in die MGB-Generaldirektion eingestiegen. Sie wird Anfang 2023 in die Konzernleitung des Logistikriesen Kühne + Nagel wechseln.
Der Weggang Zumbrunnens fällt in eine schwierige Zeit. Wie zu hören ist, machen die Verkaufszahlen in den Supermärkten Sorgen – und beunruhigend wirkt dabei die zunehmende Attraktivität der deutschen Discount-Riesen. Ohnehin dürften die nächsten Monate nicht nur für die Migros, sondern für den gesamten Detailhandel zu einer harten Periode mit sinkenden Umsätzen werden.
Auch ist der Umbau der Migros Industrie erst auf halbem Weg. Die Migros-Fabrik-Landschaft ist seit Beginn des unter Zumbrunnen lancierten Restrukturierungsprogramms «Puma» in ständigem Umbau begriffen. Jedoch stellen sich Insider auch die Frage, ob die Ausrichtung der Produktionsbetriebe auf den Export sinnvoll ist.
Ein weiterer Punkt: die Regionalgenossenschaften. Der Einfluss der zehn Regionalgenossenschaften ist weiterhin ein Hindernis auf dem Weg zu schlankeren Strukturen des Konzerns. Die Macht der Regiofürsten bleibt ungebrochen.
Zwar wurden unter Zumbrunnens Führung einige Synergien in der Logistik und IT erreicht. Die diesjährige Abstimmung über die Einführung alkoholischer Getränken in den Supermärkten, die von den Regionen angeregt und grossenteils befürwortet wurde, zeigt aber, dass die Zentrale in Zürich und die Genossenschaften weiterhin unterschiedlich agieren.
Und schliesslich ist die Migros-Schule – mit den bekannten, aber zunehmend weniger gefragten Klubschulen – ein Sorgenkind. Der Umstieg auf digitalen Unterricht ist nicht weit fortgeschritten. Auch hier ist die Mitsprache der Regionalgenossenschaften ein Stolperstein auf dem Weg zur Erneuerung.
Die kürzlich von Zumbrunnen persönlich vorgestellte «grösste Produktinnovation in der Geschichte der Migros» – der Coffee Ball – könnte sich im Nachhinein wohl tatsächlich als Höhepunkt in seinen fünf Jahren als GD-Präsident des MGB erweisen.
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