Inflation: Selbst die Mittelschicht schränkt sich bei Konsumgütern ein

Eine Umfrage besagt: In der Schweiz trifft die Teuerung mehr Menschen als man oft meint.

31.08.2023
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Auch bei Süssgetränken wird gespart. Symbolbild: Nigel Tadyanehondo on Unsplash von: on Unsplash
Die Teuerung der letzten zwei Jahre verändert das Konsumverhalten bis in die mittlere Mittelschicht hinein: Dies deutet eine Erhebung an, welche der Vergleichsdienst Comparis am Donnerstag veröffentlicht hat.
Obwohl die die Inflationsraten in der Schweiz vergleichsweise bescheiden sind, nimmt die Bevölkerung die Teuerung ernst; laut der Umfrage bezeichnen sie mehr Leute als Grund zur Sorge denn den Klimawandel.
Speziell der Mittelstand fühlt sich betroffen. «Wir sehen ein Auseinanderdriften nach Einkommen: Leute mit einem hohen Lohn spüren die Teuerung kaum», sagt Michael Kuhn, Consumer-Finance-Experte bei Comparis: «Knapp 10 Prozent geben an, sich sogar mehr leisten zu können als 2022. Aber schon der untere Mittelstand leidet: Zwei von drei Personen mit maximal 4’000 Franken Bruttolohn monatlich können deutlich weniger kaufen als noch vor einem Jahr.»
Die repräsentative Befragung wurde durch das Marktforschungsinstitut Innofact im Auftrag von Comparis im August 2023 unter 1’011 Personen in allen Regionen der Schweiz durchgeführt.
Die Hälfte der Befragten gibt an, mit dem Geld, das sie monatlich zur Verfügung hat, weniger kaufen zu können als noch vor einem Jahr. Bei Menschen mit einem tiefen Bruttoeinkommen bis 4’000 Franken pro Monat sagen 64 Prozent aus, dass sie die Teuerung konkret spüren. Bei den mittleren Einkommen von 4’000 bis 8’000 Franken sind es 52 Prozent.
Auch zwischen den Geschlechtern, nach Wohnort und nach Alter taten sich offenbar Teuerungs-Gräben aus:
  • 55 Prozent der Frauen gaben in der Comparis-Erhebung an, dass sie sich weniger kaufen können als noch vor einem Jahr – bei den Männern waren es 45 Prozent.
  • Von den Städterinnen und Städtern können sich 45 Prozent weniger leisten als 2022. Auf dem Land sind es 54 Prozent, in der Agglomeration 55 Prozent.
  • Fast zwei Drittel der über 56-Jährigen (60 Prozent) können sich nun mit dem verfügbaren Geld weniger leisten als noch vor einem Jahr. Das ist deutlich mehr als bei den 36- bis 55-Jährigen (50 Prozent) und bei den 18- bis 35-Jährigen (41 Prozent).
Comparis liess dabei auch jene sieben Güter und Dienstleistungen untersuchen, die sich in den letzten 12 Monaten am meisten verteuert haben: Elektrizität, Zucker, Speisefette, Süssgetränke, Butter, Pauschalreisen sowie die Parahotellerie mit Ferienwohnungen beziehungsweise Camping.
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Grafik: Comparis
Dabei nutzten 18 bis 28 Prozent der Personen mit mittlerem Haushaltseinkommen (4’000 bis 8’000 Franken pro Monat) alle Produktkategorien ausser Elektrizität wegen der gestiegenen Preise weniger.
Bei den Besserverdienern waren solche Konsum-Einschränkungen logischerweise seltener (12 bis 19 Prozent der Befragten meldeten so etwas).
Bei den Haushalten mit tiefem Einkommen (bis 4’000 Franken) zeigen sich ebenfalls ausser bei Butter und Zucker keine Auffälligkeiten.
Das mag erstaunen: Wieso meldet die Mitte mehr Einschränkungen? «Personen mit wenig Geld mussten sich auch schon vor einem Jahr einschränken und kaufen generell weniger und günstigere Produkte», interpretiert Michael Kuhn. «Nun treffen Einschränkungen wegen der gestiegenen Preise aber auch die Mittelschicht.»
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