Eigentlich gibt es schon genug Berichte über Retail-Ketten, die ihre Waren mit irgendwelchen selbstfahrenden Wagen oder mit Drohnen ausliefern. Und dass derartige Experimente oft im Sand verlaufen –
auch bei der Schweizer Post – legt nahe, die Sache nicht allzu euphorisch zu feiern.
Doch das neuste Projekt von Carrefour sei hier erwähnt. Der französische Supermarktriese schickt nicht nur ein kleines Wägeli aus, sondern einen Lieferroboter im Format eines Lieferwagens. Das Gefährt des französisch-spanischen Startups
Goggo Network rollt seit gestern im Süden von Paris herum: Zwischen Massy (wo Carrefour seinen Sitz hat) und dem
Plateau de Saclay (einer Hochschul-Gegend, die man gern das Silicon Valley von Frankreich nennt) fährt das Goggo-Mobil Gurken und Milch, Fertigmenus und Zahnpasta aus – alles, was per App bestellt wird.
15 km Distanz, 70 Stundenkilometer
Das Gefährt wird autonom im Carrefour-Supermarkt in Massy beladen und rollt dann zu den Zielorten, den die Kunden bei ihrer Bestellung angegeben haben.
Die Käufer erhalten per SMS ein Ankunftssignal sowie einen Code, mit dem sie das Goggomobil öffnen können, um ihre Ware zu entnehmen. Sobald der Wagen leer und alles ausgeliefert ist, fährt er wieder selbstständig zurück zur Zentrale.
Die Distanz zwischen Massy und der Zielgegend beträgt rund 12 Kilometer, im Test ist das Gefährt auf ein Rayon von 15 Kilometern begrenzt. Seine (theoretische) Höchstgeschwindigkeit liegt bei 70 Stundenkilometern.
Und eine kleine Einschränkung sei vermerkt: Im derzeitigen Pilotbetrieb ist auch ein Mensch an Bord – sicherheitshalber.
Vorteile: Zeit, Kosten, Durchdringung
«Diese Innovation erlaubt es, einen Drive-Through-Service in Gegenden anzubieten, wo es keine Geschäfte gibt»,
kommentiert Carrefour das Projekt: «Es wird möglich, die Auslieferungszeiten zu verlängern und die letzten Kilometer noch weiter entfernt anzusteuern. Zugleich können die Zeit und die Kosten des Transports verbessert werden.»
Mit anderen Worten: Vor allem in ländlichen Gegenden könnte sich hier ein Delivery- und Durchdringungs-Potential auftun.
Insgesamt manifestiert sich im Projekt auch das Selbstverständnis von Carrefour als Digitalfirma. «Unser Ziel als Digital Retail Company ist es, die Technologie und die Innovation zu nutzen, um neue Dienstleistungen für unsere Kunden zu entwickeln, welche die Erwartungen immer besser erfüllen», sagt Élodie Perthuisot, die für technische Entwicklung zuständige Managerin.
Carrefour sieht sich hier durchaus in einem Konkurrenzverhältnis zu Amazon. Die Franzosen investieren im Zeitraum
2022 bis 2026 weltweit 3 Milliarden Euro in die Digitalisierung – wozu auch die autonome Belieferung der letzten Meile gehört.