Plastik-Krieg in Genf: Detailhändler wehren sich gegen neue Abfall-Regeln

Der Kanton Genf plant ein strenges Gesetz gegen Einweg-Plastik. Nun kämpfen Grossverteiler wie Migros, Coop, Manor und Denner gemeinsam dagegen an.

11.06.2023
image
Muss das etwas kosten? Früchte im Plastiksack. Bild: Sophia Marston on Unsplash von: on Unsplash
Der Fall schien sonnenklar: Mit 92 von 100 Stimmen votierte das Genfer Parlament, der Grand Conseil, im September für ein neues Gesetz gegen Littering und für besser getrennten Abfall. Noch dieses Jahr sollten die neuen Regeln in Kraft treten. Sie sehen unter anderem vor, dass die Unternehmen wie die Gemeinden des Kantons genügend «Eco-Points» für die Triage des Abfalls einrichten.
Doch jetzt steckt die Sache fest. Mehrere Parteien haben Rekurse gegen die «loi sur les déchets» eingereicht – zuvorderst die Detailhändler Migros Genève, Coop, Manor, Denner und Migrolino.

Genfer Speziallösungen

Deren Hauptproblem: das Gesetz enthält einen Passus, der es dem Handel verbietet, Einwegplastik zu verwenden. Auch Grossverteiler müssten in Genf ihre national verkauften Fertigsalate, Poke Bowls oder Take-Away-Wähen neu verpacken. Ferner darf kein Plastikgeschirr oder Plastikbesteck mehr angeboten werden.
Eine weitere Einschränkung: Sämtliche Plastiktüten müssten mit einem Preis belegt sein, selbst die Säcklein im Früchte- und Gemüse-Rayon sollen laut dem geplanten Gesetz etwas kosten.
«Die im Gesetz vorgesehenen Regelungen […] stellen aus Sicht des Detailhandels einen erheblichen Angriff auf die Wirtschaftsfreiheit dar», schreiben die Firmen im Rekurs, der dem Lokalsender «Léman bleu» vorliegt. Insbesondere für den Ausser-Haus-Verkauf und für die Säcke an der Kasse habe man bereits Massnahmen umgesetzt. Ohnehin sei es wegen der offenen Formulierungen im Gesetz unklar, welche Artikel des Sortiments betroffen sind.

National oder kantonal?

Die Kantonsregierung – der Staatsrat – widerspricht: Seine Tür sei offen, er sei bereit, die Umsetzung zu diskutieren. «Für mich sind das Vorwände», sagte Regierungsrat Antonio Hodgers (GP) gegenüber «Léman bleu». «Den Händlern wurde eine Frist von drei Jahren eingeräumt, um die Vorschriften einzuhalten, denn wir wissen, dass es nicht einfach ist.»
Dem Detailhandel geht es aber auch um Grundsätzliches: Es sei Sache des Bundes, den Abfall zu begrenzen und Produkte zu verbieten – und nicht Sache des Kantons Genf. Antonio Hodgers wiederum erachtet dieses Argument als heuchlerisch. «Auf nationaler Ebene ist noch nichts geschehen, aber in Genf gibt es ein Gesetz: Also setzen wir es um!» Wenn die Grossverteiler so umweltsensibel seien, wie sie in all ihren Plakatkampagnen behaupten, dann sollten sie sich nun um die Umsetzung bemühen, statt zu rekurrieren, so der Genfer Grünen-Politiker.
  • Weitere Quellen / mehr: «Tribune de Genève», «News Day FR», «20 Minutes».


  • food
  • handel
  • migros
  • coop
  • esg
Artikel teilen

Loading

Comment

Home Delivery
1 x pro Woche. Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Auch interessant

image

Denner: +1.1 Prozent. Fenaco: +1.2 Prozent.

Die ersten Signale aus der Lohnrunde im Detailhandel stellen klar: Es reicht bestenfalls für den Teuerungsausgleich. Und auch das nur knapp.

image

Unilever streicht deutlich weniger Jobs als befürchtet

Im Sommer plante der Konsumgüter-Gigant noch den Abbau von 3'200 Stellen. Nun dürften noch halb so viele Jobs betroffen sein.

image

Was ist der direkteste Weg zur Würfelbouillon?

Eine britische App führt die Kunden durch den Supermarkt – entlang dem Einkaufszettel. Auf Wunsch auch nach dem Prinzip Kochbox.

image

Temu und Shein: 13 Verbände fordern den Bundesrat zum Handeln auf

Dabei soll die Regierung möglichst noch vor dem Weihnachtsgeschäft ein deutliches Signal aussenden.

image

Das Pflanzen-Steak darf Steak genannt werden

Und Veggie-Wurst ist Wurst: Das oberste Gericht der Europäischen Union wandte sich gegen die Fleisch- und Milch-Lobby. Ein Entscheid, der auch fürs Marketing in der Schweiz bedeutsam ist.

image

Parkplätze vor dem Laden? Lieber nicht!

Neue Daten zur ewigen Parkplatz-Debatte: In Shopping-Zonen könnten parkierte Autos den Einkaufsbummel eher verderben.